In gewohnter Manier erhalten Sie auch heuer zum Jahreswechsel unser ÖFR-Jahrbuch zugesendet. Dieses Mal sind die Beiträge sehr ausgewogen auf fünf unterschiedliche Themenbereiche aufgeteilt, sodass sicher für jede und jeden von Ihnen etwas dabei ist. Der Versand hat bereits begonnen, unsere Mitglieder werden das Jahrbuch in den nächsten Tagen in ihrem Briefkasten finden.
Der erste Themenblock beschäftigt sich mit Quellengattungen, die über die Matriken hinausgehen und so offene Punkte überwinden können. Felix Gundacker geht diesem Thema in seinem Beitrag Erhebliche Mängel in Matriken des 18. Jahrhunderts – Ein Plädoyer für die Verwendung grundherrschaftlicher Quellen nach. Fehlen in den Matriken manche Einträge von Taufen, Trauungen oder Todesfällen? Sind die angegebenen Vornamen oder Ortsangaben immer korrekt? Anhand der kirchlichen und grundherrschaftlichen Quellen der Grundherrschaften Rappottenstein und Ottenschlag gibt dieser Beitrag Antworten auf diese und weitere Fragen.
Andrea Drexler bringt uns eine noch wenig bekannte Quelle näher, den Hieronymuskataster. Anhand der Unterlagen des Pfleggerichts Laufen an der Salzach gibt sie in Der Hieronymuskataster als Quelle für die Familiengeschichtsforschung in Salzburg einen Ein- und Überblick über den Informationsgehalt dieser Quelle. Die herangezogenen Beispiele betreffen Häuser von Schiffer- und Handwerkerfamilien. Ihr Beitrag behandelt zusätzlich auch die historische regionale Verwaltungsform der Pfleggerichte.
Für den zweiten Themenblock, die Regionalgeschichte Niederösterreichs, zeichnet Wolfgang Zehetner verantwortlich. In Mostviertler Familiennamen – Kleine Namenkunde für die Zeit vor über 200 Jahren geht er der Frage nach, welche Familiennamen typisch für das Mostviertel sind. Als Quelle dienen ihm dabei jene historischen Steuerunterlagen, die er für sein Projekt Haus und Hof erfasst hat. Neben der Entstehung und Einteilung sowie den unterschiedlichen Schreibweisen der Familiennamen enthält der Beitrag auch ein kleines Namenslexikon.
In einem weiteren Beitrag geht Wolfgang Zehetner der Frage Wo war die Vogelwaid? Auf der Spur verschwundener Höfe nach. Wenn Höfe bereits in der frühen Neuzeit aufgegeben wurden, stellt die Suche nach ihrer genauen Lage oft ein Rätsel dar. Mithilfe der Nutzung späterer Quellen lässt sich ihre Lage jedoch meist eingrenzen. Diese Methode wird in seinem Beitrag anhand von zwei ehemaligen Höfen im zentralen Mostviertel erprobt, wobei die Quellen gleichzeitig kritisch hinterfragt werden.
Im dritten Themenblock geht es heuer um den Ersten Weltkrieg. Mit Tamara Scheer konnten wir eine namhafte Historikerin für das Jahrbuch gewinnen, deren Beitrag Die Krypta der 450 österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs in der Kirche Santa Maria dell’Anima in Rom ein wissenschaftliches Projekt zur Identitätsfeststellung von in Kriegsgefangenschaft verstorbenen Soldaten beschreibt. Die Krypta der Anima steht dabei symptomatisch für die Erinnerungskultur der Begräbnisstätten österreichisch-ungarischer Soldaten des Ersten Weltkriegs. Das Land, für das die Soldaten kämpften, hatte aufgehört zu existieren. Häufig kam es daher zu Einzelinitiativen von lokalen Vereinen oder Einzelpersonen, die diesen Begräbnisstätten jene Bedeutung zuschrieben, die sie ihnen geben wollten.
In „Z’erscht kriagst a Watsch’n, dann gemma Kriag schaun“ – Die Kriegsausstellung 1916 im Prater verbindet Günther Wenth die fiktive Geschichte des kleinen Franzi, dessen Vater als Soldat im Ersten Weltkrieg kämpft und der anlässlich seiner Firmung die Kriegsausstellung im Wiener Prater besucht, mit Fakten aus zeitgenössischen Zeitungsartikeln, um auf zweierlei Weise Einblicke in die Gefühlswelt dieser Zeit zu geben.
Anschließend daran behandeln zwei Beiträge den Themenbereich Sozialgeschichte. Gabi Rudinger schreibt über ein Thema, das in Gesprächen unter Freizeitgenealoginnen und -genealogen häufig zur Sprache kommt: Wiener Dienstmädchen im 19. und frühen 20. Jahrhundert – Rechtliche und soziale Aspekte. Wie stellte sich der Berufsalltag dar? Welche Pflichten hatten die Dienstmädchen? Hatten sie Rechte? Untermauert von Zitaten und Oral History-Interviews früherer Dienstmädchen gibt der Beitrag Einblicke in eine längst vergangene Berufswelt.
Günter Zwickl erläutert in Das kleine Sallerl – Das ereignisreiche Leben und tragische Ende der Rosalia Pillinger. Eine Heimat- und Kriminalgeschichte aus dem Land ob der Enns des frühen 18. Jahrhunderts das außergewöhnliche Schicksal seiner 6-fachen Urgroßmutter, die im Jahr 1751 zum Tode verurteilt wurde. Sein Beitrag zeigt auf, welche sozialen Umstände zu diesem Ende führten und wie er diese Familiengeschichte anhand zahlreicher Quellen rekonstruieren konnte.
Abschließend kommt auch der Themenbereich Familien- und Hausgeschichte nicht zu kurz. Leopold Strenn beschreibt in Oskar Rosman – Offizier, Alpinist und Aeronautiker den Lebensweg eines Mannes, bei dem es sich lohnt, mehr als die genealogischen Eckdaten in Erfahrung zu bringen. Sie erfahren hier unter anderem, wie sein Körpergewicht während des ersten Jahres auf der Militärakademie zunahm, von seiner ersten Überquerung des Alpenhauptkamms auf Schiern oder seinen Erlebnissen während eines Flugs in russisches Feindesgebiet zu Beginn des Ersten Weltkrieges.
In Das Doppelhaus am Flecken – Vom Wirtshaus zum Museum beschreiben Fabio Curman und Marcel Maister die wechselhafte Geschichte eines geschichtsträchtigen Doppelhauses, das sich in der Vorarlberger Gemeinde Sonntag im Bezirk Bludenz befindet. Das einst im Besitz mehrerer teilweise miteinander verwandter Familien gewesene Haus wird heute als Museum Großes Walsertal geführt.
Wir bedanken uns auch heuer wieder ganz herzlich bei allen Autorinnen und Autoren, die zum sechsten Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft für Familien- und regionalgeschichtliche Forschung beigetragen haben!
Mit unseren besten Wünschen für ein erfolgreiches Forschungsjahr 2025,
Ihr Vorstand der ÖFR
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