Jährlich am Gründonnerstag erfolgte die Fußwaschung für eine Gruppe alter Frauen und Männer durch Kaiser Franz Joseph. Für die Habsburger war dies ein Zeichen der Demut vor Gott und der christlichen Nächstenliebe. Die Innsbrucker Nachrichten vom 18. April 1876 berichten auf Seite 1084-1085 darüber sehr detailliert:
(Die Fußwaschung in der Wiener Hofburg) fand am letzten Gründonnerstage in folgender feierlicher Weise statt: Den 12 alten Männern wurden von den Tafeldeckern die Schuhe und Strümpfe ausgezogen und ward dann ein langes Linnentuch über deren Kniee gebreitet. Bei den alten Weibern verrichteten dasselbe die zwölf Palastdamen, welche zu dem Ende auf die oberste Stufe stiegen. Jede von ihnen zog einem der Weiber, unter Beihilfe der Angehörigen desselben, die Schuhe und Strümpfe aus, woraus ebenfalls ein langes Linentuch über die Kniee der Weiber ausgebreitet wurde. Nachdem dies geschehen war, stiegen die Palastdamen von den Stufen herab und blieben während der folgenden Fußwaschungs-Ceremonie unterhalb der Treppe stehen.
Ein Hofkaplan begann nun das Evangelium des Tages abzusingen. Bei den Worten des Evangeliums: „Et coepit lavare pedes discipulorum“ kniete Se. Majestät nieder und verrichtete, von einem alten Manne zum andern rückend, die Waschung und Abtrocknung der Füße. Hiebei goß der ältere der beiden zur Feierlichkeit geladenen Prälaten, Abt Helferstorfer das Wasser auf, der jüngere, Prälat Horny, hielt das Becken unter. Ihre Majestät knieten gleichzeitig mit Sr. Majestät nieder, wuschen den zwölf Weibern die Füße und trockneten selbe mit dem Handtuche ab. Sobald die Fußwaschung an den zwölf Männer verrichtet war, wuschen Se. Majestät sich am unteren Ende der Estrade die Hände, wobei der Mundschenken-Stellvertreter das Wasser aufgoß, ein Edelknabe das Becken hielt und der Erste Obersthofmeister das von einem Edelknaben auf einer Tasse bereitgehaltene Handtuch zum Abtrocknen reichte.
Ihre Majestät erhoben sich nach der Fußwaschung und wuschen sich ebenfalls die Hände. Nun traten die zwölf Palastdamen wieder auf die unteren Stufen. Se. Majestät hingen hierauf den alten Männern die Beutel mit den Silbermünzen um den Hals. Der Erste Obersthofmeister hatte diese Beutel vorher von der durch den Schatzmeister gehaltenen Tasse übernommen und Sr. Majestät überreicht. Der Obersthofmeister Ihrer Majestät übernahm von dem Schatzmeister-Adjunkten die Tasse mit den Beuteln. Die Palastdamen ordneten die Schnüre und überreichten die Beutel einen nach dem anderen Ihrer Majestät, die selbe den alten Weibern umhingen. Nachdem dieses geschehen, stiegen beide Majestäten von den Stufen herab und kehrten, unter Vortritt und Begleitung des mittlerweile zum Cortege angetretenen Hofstaates, in das innere Appartement zurück.
Links:
- In Demut: Die Fußwaschungszeremonie auf „Die Welt der Habsburger“: https://www.habsburger.net/de/kapitel/demut-die-fusswaschungszeremonie
- Fußwaschungszeremonie: Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Fu%C3%9Fwaschungszeremonie
Bild: Fußwaschung am Gründonnerstag, AEIOU, in: Austria-Forum, das Wissensnetz, https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Historische_Bilder/Fußwaschung_am_Gründonnerstag, 25. März 2016′
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