Chroniken erscheinen viele, diesmal aber eine, die es Wert ist auf sie besonders einzugehen: Anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums brachte die Wassergenossenschaft Grödig, Bundesland Salzburg diese Dokumentation heraus, für die ihr Obmann Univ.-Prof. Dr. Franz Spechtler als Herausgeber verantwortlich zeichnet.
Zielsetzung des vorliegenden Werks war es den Mitgliedern und interessierten Gemeindebürgern Rechenschaft über die 100-jährige Geschichte abzulegen und den schwierigen Weg der Verantwortlichen in der Vergangenheit aufzuzeigen. Das 288-seitige Werk beschränkt sich jedoch nicht nur auf diesen Aspekt, vielmehr stellt es ein umfassendes Werk dar, das weit über den Bereich Grödigs hinausreicht.
Erfreulich beim Aufblättern bereits zu Beginn beidseitig ein Ortsplan der St. Pöltener Firma Schubert & Franzke, der auch mit den örtlichen Gegebenheiten wenig Vertrauten die Orientierung erleichtert. Leider wird diesem Aspekt in zu vielen Chroniken nicht Rechnung getragen.
Im ersten Abschnitt werden von unterschiedlichsten Experten die rechtlichen und technischen Sichten zur Organisation und Funktion einer kommunalen Wasserversorgung, die Struktur der Wasserversorgung in Salzburg, die überregionale Wasserversorgung (Wasserverband Salzburger Becken), Wasser aus Grödig für die Versorgung der Landeshauptstadt Salzburg, die Wassergenossenschaften im Wasserrechtsgesetz, die Wasserrechtsbehörde und weitere Themen behandelt. Selbstverständlich werden die Aufgaben der Wasserbautechniker, Geometer, Wassermeister, Lebensmittelgutachter und weiterer nicht vergessen. Besonders interessant wird für viele auch der Beitrag über die Wasserwerksgenossenschaft Alm-Kanal sein. Rechtsgrundlagen, Funktion und Organisation sowie die Anlagen werden im nächsten Abschnitt beschrieben, der Untersberg als Wasserspeicher näher beleuchtet.
Zum besseren Verständnis der Zeit um die Gründung der Genossenschaft wird in der Folge die Entstehung und Geschichte der Gemeinde Grödig von 1850 (Provisorisches Gemeindegesetz 1849) bis 1920 – ergänzt durch mehrere Kartenausschnitte – beschrieben. Ein besonderes Highlight in diesem Abschnitt stellt der Bericht über die Wasserversorgung der Kriegsgefangenenlager in Grödig 1915-1918 dar. In den Lagern lebten in ihrer größten Ausdehnung 40.000 Kriegsgefangene und Flüchtlingsfamilien, heute erinnert nur mehr der „Russenfriedhof“ am Nordabhang des Goisberges an diese Zeit. Die Pläne der Kriegsgefangenenlager dürften überhaupt erstmalig publiziert worden sein, sie wurden vom Herausgeber Univ.-Prof. Spechtler in Altbeständen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung aufgefunden.
Nach der historischen Darstellung Grödig und seiner Wasserversorgung werden die Generalversammlungen und Ausschusssitzungen bis 2019 auf 124 Seiten sehr übersichtlich komprimiert dargestellt, um so auch die infrastrukturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Marktgemeinde Grödig mit ihrer stetig wachsenden Bevölkerung verständlich zu machen.
Neben den Autoren der Fachbeiträge übernahm Mag. Clemens Spechtler Redaktion, Recherche, Korrektorat und Projektmanagement. Das perfekte Design und Layout erfolgten durch die Firma Media Design: Rizner.at, der Druck durch die Samson Druck GmbH, St. Margarethen im Lungau. ÖFR freut sich durch fachliche Beratung, auch wenn nur im kleinen Ausmaß zum Erfolg beigetragen zu haben.
Das Buch wurde an die Mitglieder der Wassergenossenschaft verschenkt, ist nicht für den Verkauf bestimmt, jedoch über Bibliotheken einsehbar.
Ein Werk, zu dem dem Herausgeber, der Wassergenossenschaft und der Bevölkerung zu gratulieren ist.
Franz Spechtler (Hrsg.): 100 Jahre Wasser für Grödig, Wassergenossenschaft Grödig 1920-2020, Grödig 2020.
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